Kuniberg Berufskolleg Nachrichten

Aufstehen gegen den modernen Antisemitismus

Es ist ein paar Sekunden vor zwölf! Mit ihrer Antwort auf die letzte Frage hat Judith Neuwald-Tasbach die Schülerinnen und Schüler des Kuniberg Berufskollegs am Mittwoch (27. Januar) nachdenklich in den weiteren Unterricht entlassen. Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen sprach aus Anlass des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus mit der 60 junge Erwachsene umfassenden Gruppe aus Recklinghausen.

Die Fachoberschule (FOS) 13 hatte die Fragestunde mit der 61-Jährigen im Religionsunterricht vorbereitet und die Religionskurse der Jahrgangsstufe 11 des Wirtschaftsgymnasiums zur Teilnahme eingeladen.  Wegen Corona war der schulische Beitrag zum Holocaust-Gedenktag erstmals als Videokonferenz organisiert worden. Neben dem schmerzhaften Rückblick auf das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte ging es um die aktuelle Situation jüdischer Menschen in der Gesellschaft.

Judith Neuwald-Tasbach beschrieb eindringlich, „dass die Mitglieder unserer Gemeinde Angst haben, sich in der Öffentlichkeit zu ihrem Glauben zu bekennen“. Als Fanal des neuen Antisemitismus in Deutschland bezeichnete die gebürtige Gelsenkirchenerin den Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019 – ausgerechnet an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Ihre Besorgnis über die zunehmende Intoleranz hatte Schulleiterin Michaela Korte bei der Begrüßung deutlich gemacht.

Judith Neuwald-Tasbach ist seit 13 Jahren Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in der Nachbarstadt Gelsenkirchen. Ihr Ehrenamt betreibt sie mit vollem Engagement. Es sei charakteristisch für die Arbeit der Gemeinde, zu der 320 Mitglieder zählen, dass die Türen der verschiedenen Einrichtungen grundsätzlich offen für alle Interessierten sind. Eindrucksvoll beschrieb die Diplom-Betriebswirtin das Judentum als „Interpretationsreligion, in der das Wohl der Menschen das Wichtigste ist“.

Während die Schülerinnen und Schüler geschockt waren von den Beispielen für die offenen Aggressionen gegenüber jüdischen Menschen heute, reagierten sie sichtlich betroffen auf die Schilderungen über das Schicksal, das die Familie von Judith Neuwald-Tasbach in der Nazizeit erleiden musste. Umso widersinniger, dass der Antisemitismus in der Gegenwart quer durch alle Gesellschaftsschichten populärer wird. Es ist höchste Zeit, gegenzusteuern.

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