Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte Nachrichten

Diskussion macht allen Beteiligten Hoffnung

Die Ausbildung zum/zur Rechtsanwaltsfachangestellten im Kreis Recklinghausen steckt in der Krise: Die Kanzleien im Kreis suchen Auszubildende, Schulabgänger interessieren sich für den Beruf, und am Ende kommen beide doch nicht zusammen. Der letzte Schulstandort im nördlichen Ruhrgebiet droht wegen geringer Ausbildungszahlen in diesem Bereich in Gefahr zu geraten. Welche Ursachen gibt es für diese Entwicklung und wie könnte die Situation verbessert werden? Mit diesen Fragen setzten sich Vertreter der Schule, der Rechtsanwaltskammer Hamm, der Bundesagentur für Arbeit sowie Ausbilderinnen und Ausbilder der Rechtsanwaltskanzleien am Donnerstag (19. Mai) im Multifunktionalen Forum auseinander.

Rückläufige Zahlen von jungen Menschen, die eine Ausbildung absolvieren möchten, machen nicht nur dieser Branche große Sorgen. „Noch gibt es mehr Bewerber als Ausbildungsplätze im Kreis“, berichtete Meike Haas von der Bundesagentur für Arbeit, „aber die Lücke wird immer kleiner, die Konkurrenz um die Schulabgänger immer größer!“ Damit steigt der Wettbewerb um den Nachwuchs, dessen schulische Leistungen durch die Coronasituation an den Schulen nicht besser geworden sind.

Deshalb wünscht sich Rena Schnettler, im Dezernat 40 des Kreises (Bildung) mit dem Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ betraut, dass die Ausbilder die Erwartungen an die jungen Menschen senken und darauf vertrauen, dass durch Zusatzangebote des Berufskollegs und der Arbeitsagentur schulische Defizite während der Ausbildung aufzuholen sind. Damit stößt sie grundsätzlich auf offene Ohren. „Worauf wir neben ordentlichen Deutschkenntnissen aber nicht verzichten können“, so Rechtsanwalt Felix Nobbe von der Kanzlei Nagel Nieding Nobbe aus Recklinghausen, „sind Kommunikationsfähigkeit, Sorgfalt und Verlässlichkeit.“ Sein Tipp an Schulabgänger, die einen Ausbildungsplatz suchen: vollständige, korrekturgelesen Unterlagen und, noch wichtiger, keine unentschuldigten Fehlstunden auf dem Zeugnis.

Dem Vorsitzenden der Rechtsanwaltskammer, Benedikt Trockel, bereitet daneben das schlechte Image des Berufes Sorge. Dabei handelt es sich hier um einen spannenden und modernen Beruf. Viele Kanzleien sind mittlerweile vollständig digitalisiert, wodurch langweilige Hilfsarbeiten für die Rechtsanwaltsfachangestellten entfallen und sich ein herausforderndes Arbeitsumfeld für computeraffine junge Menschen bietet. Darüber hinaus „haben wir es jeden Tag mit hochinteressanten Fällen zu tun“, wie Rechtsanwalt Nobbe sagt, weshalb die Arbeit nie langweilig werde.

Die kritische Situation wurde durch das Zusammenbringen aller Beteiligter gut analysiert. Nun gilt es, den Wettbewerb um Azubis mit den großen Ausbildungseinheiten aus der Verwaltung, der Polizei, den Banken und allen anderen Konkurrenten aufzunehmen. Vermehrte Praktika, Social-Media-Auftritte, Homeoffice-Angebote, Teilzeitausbildungen für junge Eltern, Auslandsaufenthalte im Rahmen von Erasmus und parallele Weiterbildungsangebote am Kuniberg sowie gute Beratung durch die Arbeitsagentur bieten den Kanzleien viele Chancen und machen Hoffnung, dass der Ausbildungsstandort nördliches Ruhrgebiet am Kuniberg Berufskolleg Recklinghausen gesichert werden kann.

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